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Der Gedanke ...

"Der Mensch schuf nicht das Gewebe des Lebens, er ist darin nur eine Faser.
Was immer ihr dem Gewebe antut, das tut ihr euch selber an."  ...
Was sollte uns die Rede des Häuptling Seattle (1855) angehen?!      Artikel als PDF PDF- Datei[120 KB]

Im Jahre 1855 hielt der Häupling Seattle vom Stamme der Duwamish- Indianer vor Franklin Pierce, dem 14. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, eine Aufsehen erregende Rede.
Sie war seine Antwort auf das Ansinnen der Regierung, von den Indianern Land kaufen zu wollen.

Land kaufen?
"Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen – oder die Wärme der Erde? Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht besitzen – wie könnt ihr sie von uns kaufen?"

Große Augen, denke ich, die Augen eines Kindes musste dieser Mann haben. Als ein Kind die Welt sehen und fühlen, ganz noch und voller Leben und jedes Ding beseelt. Haben wir nicht damals um die Bäume getrauert, weil  sie  verdammt schienen, immer am selben Platz ausharren zu müssen? Bewegung, die Freiheit, mit den eigenen Füßen gehen zu können, war sie nicht einstmals mit das Schönste?
Und gar erst das Stummsein der Steine, taten sie uns nicht leid, während wir gingen und trällerten oder uns aus dem Märchenbuch vorgelesen wurde, in dem alles miteinander wisperte und sprach und ständig sich Gestalt von einer in die andere verwandeln konnte?
 Kaufen, wann hat es mit uns angefangen, dass wir kaufen und verkaufen, auf Teufel komm raus? Reich werden sowieso nur wenige dabei. Und der Teufel kommt heraus und grinst uns an, das Biest, wenn wir gar uns selbst nun anbieten, unsere Seele, die mit den Kinderaugen.
Wir haben sie glanzlos werden lassen und sind darin auch nur noch Ware und Ich-AG und Potenzkonstrukt. Dann packt uns Angst, dass wir selbst eines Tages nicht mehr verkäuflich sein werden und liegen bleiben in den Regalen der Arbeitsämter, zurückgeworfen auf uns und mittendrin im Plunder der Zeit.
Krämer, müsste es Seattle scheinen, sind  wir geworden und mit der Seele eines Krämers fragen wir nach dem Preis des Himmels? Es scheint, er ist die Hölle!
 Für jene jedenfalls, die billig in fernen Ländern unseren Wohlstand auf ihrem krummen Buckel tragen, als Frauen ohne Recht und Bildung, Gebärmaschine und Lasttier zugleich, als Kinder mit Gewalt im Sinn, schmutzstarrend und inmitten der Berge von Plastik und Müll, als Männer, überlaufend voll an Verdruss und Bitterkeit. Wer kennt sie nicht, die schaurig schönen Bilder dieser Armen unserer Welt?
Und ist es nicht auch die Hölle für uns selbst, die wir gehasst werden dafür und beneidet, die wir nun Angst haben und nicht mehr wissen, wie das Leben wirklich schmeckt? Wir sind eingeklemmt in die Zwänge unserer Zeit. Wenn wir nicht kaufen, knistern die Stützbalken dieser Gesellschaft und das Wehklagen der Politiker darüber ist einhellig und laut.
Wir fürchten die langen Züge der Elenden, wie sie über die Meere kommen und durch die Wüsten taumeln, halb ertrunken und mit wunden Gliedern. Sie können nichts kaufen, wir müssten ihnen einfach nur geben und vollends brächen die Balken. Inzwischen aber kommen die Wasser, unsere Leistungen vor sich her treibend, und es gehen die Bäume still und ohne ein Lebewohl!
Uns drücken Ahnungen, denn es kehrt zurück, was wir glaubten, dass es gebannt schien. Die Dämonie unserer Abhängigkeiten ist es, was uns plagt, wenn wir in tief religiöser Verehrung der Wissenschaft und des technisch Machbaren uns unserer wesenhaft eigenen Möglichkeiten immer mehr entledigen. Wer achtet noch im Rausch der Geschwindigkeit die eigenen Füße als Möglichkeit, frei und selbstbestimmt gehen zu können, wohin wir wollen?  Was bedeutet uns noch mitten im Lärm unserer Städte jene Stille, die Bewusstheit des eigenen Selbst erst ermöglicht. Wie können wir die Geduld aufbringen, um das Wirken der Schöpfung in seinem Vollzug als Winziges zu würdigen? Diese unsere so beklagenswerte Welt, sie wurde nicht in Indien gemacht oder Tibet und schon gar nicht von den Indianern Nordamerikas gestaltet. Wir, die wir in der  Tradition abendländisch christlichen Denkens stehen, Europäer und Nordamerikaner, haben diese Welt geformt.

 „Der Mensch schuf nicht das Gewebe des Lebens, er ist darin nur eine Faser. Was immer ihr dem Gewebe  antut, das tut ihr euch selber an. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde.“

Die Klugheit dieses Menschen beschämt mich und sie müsste wohl auch die Mächtigen jetzt beschämen, wenn sie ihre Geldzahlen um den Globus schicken, damit am Ende die Zahl etwas größer geworden ist. Wo sind wir hingekommen, dass wir solche „Leistungen“ beeindruckend finden? Und viele von uns haben selbst an den Börsen ihr Geld abgegeben, in der stillen Hoffnung, so ganz nebenbei ein wenig reicher zu werden. Reich werden? Das geht, so wie wir diese Welt nun einmal gemacht haben, nur, wenn woanders dafür jemand arm wird. Billig einkaufen? Das geht nur, wenn woanders dafür jemand verliert. Was wir jetzt scheinbar erfolgreich gewinnen, wird durch unser Verwirktsein hinein in die Zerrissenheit dieser Welt auf uns zurückfallen.
Was immer wir den anderen antun, das tun wir auch uns selbst an. Alles ist mit allem verbunden und Gerechtigkeit also nicht teilbar.

„Auch die Weißen werden vergehen, eher vielleicht als alle anderen Stämme ..… Aber in eurem Untergang werdet ihr hell strahlen – angefeuert von der Stärke des Gottes, der euch in dieses Land brachte.“
                                                                      
M. Kolditz
April 2002, 5-jähriges Jubiläum Faire Welt e.V. 


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